Künstliche Organe aus dem 3D-Drucker
3D-Drucker sind auf dem Vormarsch. Von Spielzeugen, über Schmuck bis hin zu Lebensmitteln können sie inzwischen schon produziert werden. Wissenschaftler rund um den Globus sind nun einen Schritt weiter gegangen und wagen sich an den Druck menschlicher Organe.
Seit Jahren beschäftigen sich Forscherteams auf der ganzen Welt mit der labortechnischen Vervielfältigung menschlicher Körperzellen. Sowohl bei Hautzellen, Leberzellen und Blutzellen ist es bereits gelungen. Das ultimative Ziel: Die Reproduktion eines vollständigen funktionierenden Organs. Deutsche Wissenschaftler sind nun diesem Ziel einen kleinen Schritt näher gekommen. Ihnen ist es gelungen, lebende Hautstücke zu mittels 3D-Drucker zu drucken.
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Die Ära des Bioprinting hat begonnen
“Der mechanische Prozess bei 3-Druckern ist an sich nicht besonders schwer”, weiß Mike Titsch, Chefredakteur der Internetseite 3D-Printer World. Kompliziert wird es bei biologischem Gewebe. “Es ist nicht so einfach wie bei Plastik oder Metall. Denn diese Materialen sterbe [im Gegensatz zu lebendendem Gewebe] nicht, wenn man sie zu lange irgendwo stehen lässt.” Biologische Zellen hingegen müssen in den Petrischalen und während des Druckprozesses am Leben erhalten werden.
Erstmals Hautstücke gedruckt
Lothar Koch vom Laser Zentrum Hannover gelang es, mit einem Bioprinter Hautgewebe zu drucken und es erfolgreich in Mäusen zu transplantieren. „Das ist die erste lasergedruckte Haut, die im Tierversuch erfolgreich getestet wurde“, erklären Lothar Koch und sein Team gegenüber Technology Review. Verwendet wurde ein 3D-Drucker auf Basis eines Laserdruckers, der es ermöglicht Millionen von Zellen auf den Mikrometer genau übereinander zu positionieren, ohne das untere Zellen hierbei durch Sauerstoffmangel absterben.
Gedruckte Hautstücke so groß wie Zwei-Euro-Münze
Für das Druckverfahren werden Stammzellen oder aus Biopsien gewonnene Hautzellen verwendet und in einem wasserhaltigen Gelstreifen auf der Unterseite einer dünnen Glasscheibe angeordnet. Der Laserstrahl lässt zwischen Glas und Gel einen Dampfdruck entstehen, der so stark ist, dass ein Tropfen des Gels auf die zu bedruckende Unterlage geschleudert wird. Schritt für Schritt entsteht so ein Gewebsstreifen. Das größte von Koch gedruckte Hautstück war sechs Quadratzentimeter groß, was in etwa der Größe einer Zwei-Euro-Münze entspricht.
Optisch ähnelt die gedruckte Haut zwar echter menschlicher Haut, sie ist jedoch längst noch nicht so komplex wie das Original. „Es fehlen Haar-, Nerven-, Blutgefäß- und Schweißdrüsenzellen. Es würde dem Patienten wenig helfen, wenn er nicht mehr schwitzen und seine Körpertemperatur nicht mehr regulieren kann.“ erklärt Koch. Erste Transplantationen in Mäusen waren dennoch erfolgreich. „Wir haben sie an Mäusen ausprobiert, und es sind sogar Blutgefäße in das Gewebe eingewachsen“, so Koch. Der nächste Schritt wird sein, zu testen ob sich die Blutgefäße nicht bereits mit drucken lassen.
Pionier im Bereich des Bioprinting James Yoo, vom Wake Forest Institute in den USA, arbeitet derzeit an der Entwicklung eines Gerätes, das noch auf dem Schlachtfeld brandverletzten Soldaten neue Hautzellen auf die Wunden drucken soll. Der Heilungsprozess könnte somit von fünf auf zwei bis drei Wochen reduziert werden.
Künstliche Organe bleiben vorerst ein Traum
Viele Experten, darunter Anthony Atala, Direktor des Wake Forest Institut for Regenerative Medicine, rechnen nicht damit, dass es in den nächsten Jahren bereits gelingen wird mittels 3D-Drucker vollständig funktionierende künstliche Organe zu gewinnen. Es wird wohl erstmals eher bei kleinen Gewebsstreifen bleiben, die bei der Reparatur von Organen helfen können. Sollte es dennoch irgendwann möglich sein, ganze Organe wie beispielsweise eine Leber im Labor herzustellen, würde das die Medizin revolutionär verändern. Die Zahl von Versuchstiere im Labor könnte drastisch reduziert werden. Und den vielen Menschen, die auf Transplantate warten, könnten die künstlichen Organe die Aussicht auf ein neues gesundes Leben geben.