Italienischer Neurologe will Kopf-Transplantation wagen
Ein italienischer Neurologe möchte in zwei Jahren etwas schier Unmögliches wagen. Er will einen Kopf auf den Körper eines anderen Menschen transplantiert. Durch die Operation sollen Krebspatienten ohne Aussicht auf Heilung einen gesunden Körper zurückerhalten und querschnittsgelähmte Personen sollen wieder in die Lage versetzt werden, gehen zu können. Der Neurologe Sergio Canavero ist fest davon überzeugt, dass eine derartige Operation glücken könnte.
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Kopftransplantation: Rückenmark muss optimal und präzise geschnitten werden
Hierzu müsste das Rückenmark des Spenders und des Empfängers besonders sauber und genau durchtrennt werden. Nach Angaben von Canavero soll eine derartige Operation bereits in zwei Jahren möglich sein. auf der Jahreskonferenz der American Academy of Neurological and Orthopaedic Surgeons (AANOS) im Juni will der Wissenschaftler näherer Einzelheiten zu der geplanten Operation bekannt geben.
Schwierig wird die Operation deshalb, weil der neu transplantierte Kopf sich mit dem Rückenmark des Spenderkörpers verbinden muss und die Körperfunktionen entsprechend steuern muss. Zerstörtes Rückenmark des Kopfes und des Spenderkörpers müssen sich somit so verbinden lassen, dass eine reibungslose Funktion möglich ist. Mithilfe einer von Cavaneros entwickelten Methode, die dieser bereits in der renommierten Fachzeitschrift “Surgical Neurology International“ in groben Zügen darlegte, soll die Problematik der nicht genau zusammenwachsenden Rückenmarksfasern überwindbar sein.
In dem Operationsverfahren sollen sowohl der Kopf des Empfängers wie auch der Körper des Spenders künstlich abgekühlt werden und dann entsprechend der Kopf abgetrennt werden. Sowohl das Rückenmark des Spenders wie auch das Rückenmark des Empfängers müssen dabei äußerst sauber und präzise durchtrennt werden. Danach wird der Kopf auf den Körper des Spenders transplantiert und die abgetrennten Stränge des Rückenmarks zusammengesetzt.
„Nervenfaserklebstoff“ soll Nervenverbindung von Spender und Empfänger ermöglichen
Um die Rückenmarkstränge zusammen wachsen lassen zu können, werden die Enden von Spender und Empfänger mit einer bestimmten Substanz behandelt. Nach Angaben des Wissenschaftlers müsse man sich die Nervenstränge vorstellen wie ein Bündel Spaghetti, dass durch heißes Wasser zusammengefügt würde. Die Substanz stellt somit eine Art Nervenklebstoff dar.
Ethische Fragen müssen gestellt werden
Der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Neurologen, Dr. med. Uwe Meier, sieht den zeitlichen Rahmen der Machbarkeit als unrealistisch an. Die Operation selbst hingegen hält er durchaus für möglich. Zudem stellt sich die Frage, inwieweit der Kopf und der Körper durch Abstoßungsreaktionen sich möglicherweise gegenseitig bekämpfen. Zudem ist der jeweilige Kopf für den jeweiligen Körper konzipiert. Da beide Komponenten des Körpers sich bereits im Mutterleib zusammen entwickelt haben, sind sie auch perfekt aufeinander abgestimmt. Ein fremder Kopf kann möglicherweise die Organe des Spenderkörpers nicht optimal steuern.
Zudem bleibt fraglich, inwieweit der Kopf in der Lage sein würde, den Körper von jemand anderem zu regulieren? Darüber hinaus stellen sich auch zahlreiche ethisch-moralische Fragen? Einerseits stellt sich die Frage, ob die persönliche Identität des Menschen sich ausschließlich auf das Gehirn beschränkt oder ob möglicherweise nicht ausschließlich das Gehirn Ort der eigenen Identität ist. Zudem stellt sich auch die Frage, inwieweit der Kopf in der Lage ist, den neuen Körper überhaupt anzunehmen?
Kopftransplantationen sind ein alter Hut – Der Erfinder Wladimir Petrowitsch Demichow
Allerdings gab es bereits vor einigen Jahren einen US-amerikanischen Neurochirurgen, der ähnliches vorhatte. Schon in den 1960er und 1970er Jahren gab es Kopfverpflanzungen an Tieren. So wurde unter anderem der Kopf eines Rhesusaffen auf den Körper eines anderen Tieres verpflanzt. Auch der Kopf eines Hundes wurde bereits auf den Körper eines anderen Hundes transplantiert. Allerdings blieben die Tiere querschnittsgelähmt. Denn es gelang damals nicht, das Rückenmark mit dem Kopf so zu verbinden, dass die Körperfunktionen im Sinne einer perfekten Motorik hergestellt waren. Wegbereiter für derartige Operationen war Wladimir Petrowitsch Demichow.
Der Arzt wurde am 18. Juli 1916 in geboren und starb 1998 in Moskau. Bereits in den 1930er und 1950er Jahren experimentierte der russische Chirurg mit künstlichen Herzen und auch Operationen, wie sie heute üblich sind, nämlich Bypassoperation, führte Demichow durch. Zudem verpflanzte er Tieren auch Lungen und Herzen. Demichow führte die erste Herztransplantation an einem Säugetier überhaupt durch. Bekannt wurde er jedoch durch seine spektakulären Kopftransplantationen.
Herzchirurg Christiaan Barnard sah Demichow als Lehrmeister an
Seine Doktorarbeit trug den Titel: “Experimentelle Transplantation von lebenswichtigen Organen“. Diese Publikation war unter anderem auch dem Wegbereiter der Herztransplantation am Menschen und weltbekannten südafrikanischen Herzchirurgen Christiaan Barnard bekannt. Barnard sah in Demichow so etwas wie sein Lehrmeister. Insofern zeigt sich, dass die Transplantation von Köpfen nicht unbedingt neu ist.
Neu ist allerdings, dass die Transplantation nunmehr tatsächlich auch am Menschen gewagt werden soll. Allerdings stellt sich auch die Frage, inwieweit der Träger des Kopfes beim Misslingen der Operation nicht sogar im juristischen Sinne getötet wurde? Denn der Kopf wurde bewusst vom Körper abgetrennt. Andererseits ließe sich bei einer geglückten Operation theoretisch das Leben durch immer neue Spenderkörper nahezu beliebig verlängern. Dennoch hat die Vorstellung etwas von Frankensteins Horrorkabinett.